Hook-Kick

Der Hook-Kick – Technische Beschreibung und Einsatz im Kampf

Der Hook-Kick ist eine der Fußtechniken im Kickboxen, die zwar häufig ein großes Überraschungselement besitzt, da sie – wie die Turniere zeigen – nur sehr selten Anwendung findet, die aber auch für den Ausführenden eine Vielzahl von Risiken beinhaltet.
Wichtigste körperliche Voraussetzung für eine sichere und gelungene Anwendung ist eine hohe Elastizität zum einen im Beinbizeps des Standbeines und zum anderen im Bereich der Oberschenkeladduktoren, da gerade das hohe Anziehen des Knies beim Technikbein wichtige Voraussetzung für eine gelungene Ausführung ist wie auch die Beweglichkeit der Hüfte.

Angriffsziel und Trefferfläche
Das Angriffsziel dieser Technik ist der seitliche Kopfbereich, wenn die Kämpfer frontal ausgerichtet voreinander stehen.
Im Falle der Anwendung dieser Technik in einem Konter kann sie natürlich auch – je nach Stellung zum Gegner – frontal in das Gesicht geschlagen werden.
Getroffen wird der Gegner in der Regel mit der Fußsohle (größere Reichweite), die Technik kann aber auch – was ihr eine höhere Wirkung gibt – mit der Ferse geschlagen werden.

Technische Ausführung
Zu berücksichtigen ist – um die Technik auch wirkungsvoll werden zu lassen -, dass es sich um einen horizontalen Fußschlag handelt, der das Ziel im rechten Winkel – von einer Kreisbahn kommend – treffen soll.
Dies bedeutet, dass sich der Fuß vor dem Auftreffen am Kopf des Gegners schon „auf gleicher Höhe mit dem Ziel“ befinden muß.
Höhenabweichungen nach unten erschweren nicht nur das Treffen, sondern machen es bei einer guten Deckungsarbeit des Gegners nahezu unmöglich. Die Technik bleibt „an der Schulter hängen“.

Warum?
Kommt das Technikbein bei schlechter Elastizität des Ausführenden von schräg unten und der Gegner hält eine gute Kopfseitdeckung mit der Führhand (jeweils bei Linksauslage) trifft der Fuß nur schräg auf die Deckungshand und „prallt“ von dort nach oben ab oder fällt, was wahrscheinlicher ist, wirkungslos herunter.

Ein ganz wesentlicher Faktor für die Wirksamkeit ist also, wie bereits erläutert, dass der Fuß im rechten Winkel aus einer horizontalen Bewegung heraus das Ziel trifft.

Ansatz
Für den Ansatz dieser Technik und ihre Ausführung muss man sich im Klaren darüber sein, dass es sich hier um einen Fußschlag handelt, der anderen Gesetzmäßigkeiten unterliegt als ein Fußstoß.
Die Technik erhält ihre Schlagkraft zum einen aus dem gezielten Einsatz der Technikhüfte und zum anderen aus der starken Kontraktion des Beinbizeps am Technikbein.
Weiterhin ist von wesentlicher Bedeutung eine hohe Elastizität, die es dem Kickboxer ermöglicht, das Knie des Technikbeines so hoch heben zu können, daß der horizontale Fußschlag zum gegnerischen Kopf durchführbar wird.
Um das Überraschungselement dieser Technik ausnutzen zu können, ist es wichtig, die Technik von ihrem Ansatz her nicht von vornherein erkennbar zu machen.

Das Anreißen des Beines (bei Linksauslage das vordere, linke Bein) gleicht dem des Roundhouse- oder Sidekicks.
Das Knie wird hochgerissen, die Ferse des Standbeines dreht sich um Zielpunkt ein. Dabei ist darauf zu achten, dass diese Drehbewegung auf dem Ballen erfolgt und nicht auf der Ferse. Der Drehwinkel des Fußes liegt bei mindestens 1200, kann aber bis zu 1800 reichen, so dass die Längsachse des Standfußes direkt zum Gegner zeigt.

Der angewinkelte Unterschenkel wird nun durch die Kontraktion der Oberschenkelmuskulatur zum Höchstpunkt der Technik gestreckt und von dort nach Möglichkeit auf einer horizontalen Bahn durch die Kontraktion des Beinbizeps wie auch den Einsatz der Hüftmuskulatur gegen den Uhrzeigersinn zum Kopf des Gegners geschlagen.

Wovon hängt die Schlagkraft wesentlich ab?

Zwei wesentliche Fehler sind:
Die linke Schulter wird nicht aufrecht gehalten, sondern kippt im Uhrzeigersinn nach vorn ab.
Das Knie wird nicht hochgehalten, sondern aufgrund der Kippbewegung der linken Schulter fällt auch der Oberschenkel mit dem Knie seitlich ab.
Dadurch ist von der Bewegungsrichtung der horizontale Schlag nicht mehr gewährleistet und das Zurück-reissen des Unterschenkels = horizontale Beschleunigung des Fußes = Schlagkraft wird stark gemindert.

Wichtig ist also: Die linke Schulter aufrecht zu halten = Drehung des Oberkörpers nach links in Schlagrichtung des Fußes und hochhalten des Knies, da der Steigungswinkel des Oberschenkels die Schlagrichtung vorgibt (Knie ist ein Scharniergelenk, d.h., der Steigwinkel des Oberschenkels ist wesentlich für die Schlag-richtung des Fußes bei dieser Technik).

Wichtig ist auch, das Knie nach erfolgtem Schlag oben zu halten und den Unterschenkel vor einem Absetzen des Fußes erst wieder anzuwinkeln, was mir die Möglichkeit auf eine Folgetechnik mit demselben Bein erhält. Sinnvolle Folgetechniken können der Roundhouse- oder der Sidekick sein, für die ebenfalls das hohe Knie wesentlich für die erfolgreiche Ausführung ist.

Als gymnastische Vorübung zu dieser Technik kann man dem Sportler zunächst ermöglichen, das gestreckte Technikbein eine große Kreisbewegung beschreiben zu lassen, damit er ein Gefühl für das Eindrehen des Standfußes und für den Einsatz der Hüfte erhält. Als Hilfe dazu, kann z.B. ein Partner den gestreckten Arm schulterhoch nach vorn strecken und das Bein ist kreisförmig über den Arm zu schwingen. Dies sollte jedoch nicht allzuviel Zeit in Anspruch nehmen, da sich sonst die Ausführung mit gestrecktem Bein verfestigt, wodurch die Technik folgende Nachteile erhält:
a. Sie wird leicht blockbar, da der Gegner genügend Zeit erhält, die Technik im Ansatz zu erkennen und
    nach vorn einzusteigen und
b. die Technik wird sehr kraftaufwendig, da die Hüftmuskulatur das gestreckte Bein = großer Lastarm zum
    Ziel bewegen muß, wodurch
c. der Zeitaufwand erheblich zum Nachteil des Ausführenden verlängert wird und
d. er bei einem Einsteigen des Gegners nicht mehr das eigene Bein als „Prellbock“ vor sich hat. Dadurch
    kann es schnell zu einem Verlust des Gleichgewichtes und damit zu einem Sturz kommen.

Anwendung der Technik im Kampf
Der Hook-Kick ist meiner Meinung nach eine Technik, die sich im Verlauf eines Kampfes nicht ständig anwenden läßt, da der Gegner sich dann leicht darauf einstellen kann und durch eine schnelle Vorwärtsbewegung die Gelegenheit erhält, direkt mit den Händen zu kontern.
Sie lebt vom Überraschungseffekt, da sie eine – von den meistens gebräuchlichen Fußtechniken wie Side- oder Roundhousekick – abweichende Rotationsbewegung darstellt und den Gegner von einer „nicht üblichen“ Seite mit dem Vorderbein attackiert.

Man kann sie daher wie folgt verwenden:
a. Als Konter gegen Führhandangriffe des Gegners; gerade dabei ist die vorab beschriebene richtige Aus
   führung ganz wesentlich, um über die linke Deckungsschulter des Angreifers den Fußschlag ausführen zu
   können.
b. Als Überraschungsangriffstechnik
c. Als Angriffseinleitung, um dann mit einer zweiten Fußtechnik die eigentliche Angriffskombination fort zu
   führen. Dafür ist wesentlich, dass der Kickboxer das Knie des Trittbeines hoch hält und den Unterschenkel
   wieder eng an den eigenen Oberschenkel zurückzieht. Auch muss der Oberkörper dabei aufrecht
   gehalten werden und darf nicht wie oben beschrieben in Uhrzeigerrichtung abkippen.
d. Als Folgetechnik, wenn ich mit einer angetäuschten Fußtechnik zum Körper – meist Side- oder Round-
   housekick – die Deckung des Gegners nach unten gezogen habe.


Der Lehrweg für den Hook-Kick

– Grundsätzliches
a. Zunächst ist darauf zu achten, dass beim Anreissen des Technikbeines der Standfuß mit seiner Längs-
    achse zum Ziel eingedreht wird (Drehung auf dem Fußballen); dadurch ist sichergestellt, dass die Hüfte
    einen großen Bewegungsradius erhält und die Technik eine maximale Reichweite.

   Der Oberkörper ist aufrecht zu halten, d.h. die linke Schulter (bei Linksauslage) ist gegen den Uhrzeiger-
   sinn zu drehen und die Hände sind oben zu halten (keine Schwungbewegungen mit gestreckten Armen).

b. Der Sportler führt die Bewegung über ein Hindernis aus, damit später gewährleistet ist, dass die Technik
    über die Schulter den Kopf treffen kann und nicht von schräg unten kommend „an der gegnerischen
    Schulter hängenbleibt“.

c. Der Sportler wird angehalten, darauf zu achten, dass das Knie nach dem Zurückziehen des Fußes nicht
    „herunterfallen“ darf, damit das angewinkelte Bein entweder für Folge-Fußtechniken genutzt oder zumin-
    dest in Schutzfunktion vor dem eigenen Körper verbleibt, um einen evt. vorgehenden Gegner noch stop-
    pen zu können.

Pratzentraining
Die Anwendung beim Pratzentraining erfolgt unter dem Gesichtspunkt, dass einerseits – entsprechend dem Regelwerk – die Fußsohle das Ziel trifft und nicht die Ferse und zum anderen der Sportler darauf achtet, nach dem Treffen der Pratze schnellstmöglich wieder in eine stabile Stellung zu kommen, um gfls. mit den Händen den Angriff fortsetzen zu können.

Hier bieten sich zwei Übungsmöglichkeiten:
1. Die Pratze ist über ein Hindernis zu treffen und
2. der Partner hält die Pratze seitlich an seinen Kopf und streckt die Führhand aus, so das die Technik über
    den Angriffsarm zum Ziel geschlagen werden muß (ohne Druck, nur als lockere, flüssige Bewegung).

Partnerübung
1. Im Zuge der Übung mit dem Partner kann aus der lockeren Bewegung heraus der Fußschlag ausgeführt
    werden, wobei der Partner mit Kopfseitdeckung den Schlag abfängt.

2. Die Technik wird nach einer Fußtechnik zum Körper (Roundhouse- oder Sidekick) locker zum Kopf des
    Partner geschlagen. Dies als Übung des Gleichgewichtes und als Kraft- bzw. Ausdauerübung für die hal-
    tende Hüft- und seitliche Rumpfmuskulatur.

3. Um ein Abfallen des Beines zu verhindern, führt der Aktive nach einem Hook-Kick mit demselben Bein
    eine zweite Fußtechnik aus. Im Kampf kann diese zum Körper getreten werden; um aber bei der Übung
    gerade das Hochhalten des Knies zu trainieren, eignet sich z.B. ein nachfolgender Roundhouse-Kick zum
    Kopf besonders für dieses Trainingsziel.

Sparring
Im bedingten Sparring kann zur Aufgabe gemacht werden,
a. den Hook-Kick nach einer vorbereitenden Fußtechnik zum Körper einzusetzen, um hier – nachdem ich die
    Deckung nach unten gezogen habe – zum gegnerischen Kopf den eigentlichen Treffer zu setzen, oder
b. den Hook-Kick als Finte zu nutzen, um anschließend mit Boxtechniken oder einer starken Fußtechnik
    zum Körper den eigentlichen Angriff durchzuführen, oder
c. den Hook-Kick sporadisch als Kontertechnik gegen Führhandangriffe zu nutzen.

Der Hook-Kick aus der Drehung (Turning Hook Kick)

Die Anwendung der Technik aus der Drehung kommt eigentlich nur in zwei Fällen zum Zuge.

a. Nach Abschluß eines eigenen Angriffs mit den Händen und
b. als direkte Kontertechnik gegen Angriffe mit der rechen Hand und dem rechten Bein des Gegners.

Wesentliche Voraussetzungen für ein Gelingen sind
a. der reflexartige Einsatz durch das Antizipieren der gegnerischen Angriffstechnik und
b. die peitschenartige Ausführung, die vom Ansatz her fast dem Turning-Kick ähnelt.
    Dies bedeutet, daß das rechte Bein eng angezogen, das linke „Drehbein“ stark gebeugt und mit der Ferse
    zum Gegner gedreht und das rechte Technikbein wie oben beschrieben den Tritt ausführt. Hinzu kommt
    noch, dass man nicht versuchen sollte, den Oberkörper so aufrecht wie möglich zu halten, sondern ihn
    mit rundem Rücken abzukippen. Gerade das Abkippen des Oberkörpers ermöglicht es beim Kontern, die
    Technik sogar noch in der Nahdistanz zum Kopf treten zu können.

    Führt man den Tritt mit gestrecktem Bein aus, hat er zwar grundsätzlich die größere Aufschlagkraft, ko-
    stet aber mehr Eigenkraft und hat einen viel längeren Weg und damit eine längere Zeitdauer bis zum Ziel
    punkt.

Unter Berücksichtigung der unter a. genannten Voraussetzung (Antizipation der gegnerischen Angriffstechnik) ist die Ausführung der Technik immer dann gefährlich, wenn sie nur halbherzig und zum Teil auch mit geringer zeitlicher Verzögerung ausgeführt wird, da der versierte Gegner dadurch genügend Gelegenheit erhält, in die Technik nach vorn einzusteigen und selbst wieder zu kontern.

Training der Technik

Wie bereits in der Technikbeschreibung dargestellt, ist die Wirksamkeit davon abhängig, dass der Kick in Antizipation einer gegnerischen Angriffstechnik und „bedingungslos“ ausgeführt wird.
Diese beiden Komponenten sind m.E. ausschlaggebend für den Erfolg.

Wie kann auf dieses Ziel hin trainiert werden?

1. Wie beim Lehrweg zum Hook-Kick ist auch dieser Tritt vom Ansatz her so einzuüben, dass er dem Ansatz
    des Turning-Kicks gleicht. Es sollte vermieden werden, die Technik mit gestrecktem Bein auszuführen
    (großer Lastarm, langer Weg) und die Technik muss das Ziel auch in einer horizontalen Bewegung
    treffen.
    Daher empfiehlt es sich, auch hier Hindernisse einzuführen, was zwar zunächst gewisse Ängste weckt,
    aber für die Anwendung eine ganz wesentliche Voraussetzung ist.

2. Wenn die Grundbewegung stimmt, kann mit dem Schlagpolster das Timing trainiert werden. Wichtig ist
    hier, dass beide Partner genau wissen, wie der Technikweg ist, damit der Pratzenhalter nicht durch
    „Fehlhaltungen“ Opfer der zu übenden übenden Technik wird.
    Der Übende steht in seiner eigenen Auslage, der Partner in der Gegenauslage (=offene Kampfstellung).
    Der Abstand ist zu Beginn dieser Übung etwas größer zu wählen, um die Angst vor dem Treffen des
    Partners bzw. vor dem Getroffen werden klein zu halten.
    Der Pratzen-Partner simuliert durch einen Schritt mit dem hinteren Bein nach vorn einen Angriff (z.B.
    Roundhouse-Kick). Da der „Angreifer“ links hinten steht, entspricht dies einem Angriff mit dem vorderen
    Bein. Sobald sich der hintere Fuß bewegt, dreht der Aktive ein, um seinen Turning-Hook-Kick auf die
    Pratze zu schlagen.
    Dies sollte zunächst immer auf Kommando des Trainers erfolgen, damit beide Partner gleichzeitig han-
    deln können.

    Hat sich dies verfestigt, lässt man die Übung ohne Kommando und zunächst ohne einen schnellen An-
    griffsschritt des Pratzenhalters verfestigen, um schon die Anfänge für die Antizipation zu legen.

    Nach Verfestigung dieser Übung kann man dann den Abstand verringern. Nun wird der konternde Sport-
    ler feststellen, dass er die Technik nicht mehr mit Erfolg zum Kopf treten kann, da der Partner mit der
    Pratze in einem viel zu engen Abstand steht und die Technik häufig ein Ziel treffen würde, das hinter dem
    gegnerischen Kopf liegt.

   Was tun?
   Das Eindrehen kann nun nicht mehr über den Auslagefuß erfolgen, sondern der Sportler muß lernen,
   durch einen starken und gezielten Einsatz der Hüftmuskulatur und durch ein schnelles Tauschen der Po-
   sition der Füße die Technik zu beschleunigen. Hinzu kommt, dass er lernen muß, den Oberkörper abzu-
   kippen, da nur dadurch gewährleistet ist, dass die Distanz stimmmen kann.

   Wichtig ist hier auch, dass der Tausch der Füße durch eine rutschende Bewegung erfolgt, durch die der
   Schwerpunkt nur unwesentlich gehoben wird.
   Abweichungen hiervon kosten unverhältnismäßig viel Kraft und – was noch wesentlicher ist – viel zu viel
   Zeit.

   Beim bedingten Sparring ist trotz Aufgabenstellung darauf zu achten, dass die Technik unter Wahrung
   größtmöglicher Sicherheit geübt wird. Gerade übertriebener Ehrgeiz kann hier zu Verletzungen führen. Ich
   neige daher dazu, die Technik wie oben beschrieben einzuüben, überlasse aber immer dem Aktiven den
   freien Einsatz. Grund dafür ist auch, dass das hintere Bein – mit dem die Technik ja auszuführen ist – nicht
   immer das „gute“ Bein für den Turning-Hook-Kick ist und daher auch nicht oft zum Einsatz gelangt, zumal
   der Turning-Kick die m.E. sicherere und stärkere Alternative darstellt.