Theorie der Kraft

Die Theorie der Kraft

Alle Techniken des Tae Kwon Do müssen der „Theorie der Kraft“ entsprechen!

a. Reaktionskraft
   eigene: Der Aktive erzeugt bei der Ausführung jeder Technik eine Reaktionskraft; d.h., schneller als er
   den Technikarm beschleunigt, reißt er den anderen Arm zur Hüfte zurück.
   fremde: Nach einem Newton’schen Gesetz erfährt eine auf einen anderen Körper auftreffende Kraft die
   gleiche Kraft als Reaktionskraft. Um gegen diesen Rückstoß gewappnet zu sein, ihn eventuell noch gegen
   ihn umkehren zu können, muß die Stellung stabil sein und der Körper die erforderliche Spannung aufwei-
   sen.

b. Konzentration
Die drei Faktoren sind:
– die geistige Konzentration auf das Ziel
– der Einsatz der flächenmäßig winzigen richtigen Körperstellen (Angriffs- und Blockstellen) auf den günstig
  sten vitalen Punkt des Gegners.
– die maximale Spannung der Muskulatur erst im Moment des Einrastens der Technik.

c. Gleichgewicht
   statisches:
stabile Stellung, aufrechter Oberkörper, Muskelspannung der Beine in der Grundstellung, beide Füße müssen im Moment des Einrastens mit der gesamten Sohle auf dem Boden stehen; dabei werden die Muskeln der Fußsohle so angespannt, als wollten wir uns mit den Füßen am Boden fest halten.

  dynamisches: in der Ausgangsstellung für eine Technik lastet zwar das gesamte Gewicht auf dem Standbein, dieses steht aber nicht auf der gesamten Fußsohle, sondern auf dem Fußballen, d.h., die Ferse ist aus Gründen der besseren Flexibilität minimal vom Boden abgehoben. Aufgrund der abrupten Gewichtsteilung durch das Federsystem muß der Oberkörper unbedingt aufrecht gehalten werden. Das Kinn wird dabei leicht zur Brust gezogen.

d. Atemkontrolle
Für jede starke Technik ist sie von besonderer Bedeutung. Das Ausatmen der Luft bei Muskelkontraktion (Krafteinsatz) erfolgte früher durch die Nase. Untersuchungen haben ergeben, daß hierdurch gesundheitliche Schäden auftreten können (Nasenschleimhäute, Ohrendruck). Auch ist diese Atmung bei Schnupfen unmöglich. Unter Berücksichtigung, daß die „normale“ Atmung des Menschen so erfolgt, daß er durch die Nase einatmet und durch den Mund ausatmet (bei hohem Sauerstoffbedarf erfolgt eine reine Mundatmung), soll dieses natürliche Prinzip auch im TKD gewahrt werden. Außerdem befähigt uns das Ausatmen durch den Mund dazu, im Moment des Einrastens der Technik durch ein Schließen der Lippen die nötige Spannung im Unterbauch zu erzeugen.

Dies setzt voraus, daß nicht das gesamte Lungenvolumen bei Spannung ausgeatmet wird, sondern etwa nur 2/3 davon. Das restliche Drittel muß einbehalten werden, damit die Bauchmuskulatur zur Kraftförderung beitragen kann und man selbst gegen einen gleichzeitigen Konterangriff eine Abfangmöglichkeit besitzt. Abweichungen von dieser Norm gibt es nur bei den Bewegungsformen in der Hyong, die entweder ein völliges Ausatmen bei maximaler Muskelspannung erfordern oder die Ausführung einer Technik ohne Beatmung (chunbi-sogi).

e. Masse
   Der Einsatz der Masse erfolgt durch ein Anheben der Hüfte in der Ausgangsposition vor der jeweiligen
   Technik.
   Der Körper läuft dadurch in der Bewegung auf einer Sinuswelle.
   Zu beachten ist insbesondere, daß der Massen- bzw. Hüfteinsatz immer in Zielrichtung erfolgen muß.

f. Geschwindigkeit

   Voraussetzung für eine schnelle Technik ist, dass der Körper im Ansatz völlig entspannt ist. Nur aus die
   sem Zustand ist bei blitzschneller Kontraktion aller erforderlichen Muskelgruppen die für die Geschwindig-
   keit erforderliche Beschleunigung zu erzielen.
   Was aber passiert physikalisch gesehen z.B. bei einem Fauststoß?
   1. Aus dem entspannten muskulären Zustand wird unter maximaler Muskelkontraktion aller erforderlichen
      Muskeln die Faust zum Zielpunkt beschleunigt und arretiert im Brennpunkt (vitaler Punkt des Gegners
      oder Bruchtestmaterial). Im Moment des Auftreffens hat das Angriffswerkzeug keine Beschleunigung
      mehr oder höchstens noch, wenn der Brennpunkt geringfügig z.B. im Brett liegt, eine sehr geringe. Im
      Zielpunkt hat die Faust also eine gegen Null gehende Kraft. Kraft ist aber auch für die Wirkung einer
      Technik nicht nötig. Ein Brett mit Kraft zerstören hieße, es mit der Faust zerdrücken. Eine derartige An-
      griffstechnik gibt es aber im TKD nicht.

   2. Da die Kraft das lineare Produkt aus Masse und Beschleunigung ist (F=M * a), würde auch ein Be-
       schleunigungsdiagramm im Moment des Auftreffens gegen Null gehen.

   3. Die Geschwindigkeit der Faust ist das Produkt aus Beschleunigung und Zeit. Ein Geschwindigkeits-
       /Zeitdiagramm zeigt demnach einen steilen Anstieg der Geschwindigkeitskurve. Da beim Einrasten die
       Beschleunigung auf Null geht, ist auch die Geschwindigkeit Null.

   4. Maßgeblich für die zerstörerische Wirkung einer Technik ist aber deren Energie. Die Energie (E) ist das
       Produkt aus Masse (M) und Geschwindigkeit (v):

      E = 1/2 m * v2

      Ein Energie/Zeit-Diagramm zeigt uns einen steilen Anstieg der kinetischen Energie (Bewegungsenergie)
      zum Zielpunkt hin. Dort fällt die Energie rapide auf Null ab. Da Energie aber nach dem Energieerhal-
      tungssatz nicht verloren gehen kann, wird sie auf das Brett oder den vitalen Punkt des Gegeners über
      tragen und bewirkt dort die zerstörerische Wirkung.
      Diese Wirkung ist um so augenscheinlicher je unelastischer der Stoß aufgrund der Beschaffenheit des
      zu zerstörenden Materials ist. Am Bruchtestmaterial ist die Energieübertragung daher deutlicher regi-
      strierbar als z.B. am Körper des Menschen, dessen brechbare Knochen von schützendem Fett und
      Muskeln umgeben sind.